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DU BIST NICHT ALLEINE!

#ichbinESwert

"KEIN KIND HAT ES JEMALS VERDIENT, IM ECK ZU SEIN."

KEIN KIND HAT ES VERDIENT, NICHT GELIEBT ZU WERDEN. 

-  Wie hat das Ganze begonnen?

Als ich meinen Expartner kennengelernt habe, haben sein Alkoholkonsum und seine narzisstische Art schon damals eine große Rolle gespielt. Trotzdem haben wir eine Familie gegründet und zwei Kindern miteinander bekommen – einen Buben und ein Mädchen. Die Hauptgründe für die schlechte Beziehung zwischen uns waren, dass er über uns „mit Gewalt herrschte“, das fehlende Interesse an den Kindern und sein Alkoholmissbrauch. Die letzteren beiden Tatsachen bestehen bis heute.

Die Interessenslosigkeit zeigte sich, zum Beispiel, wenn er von der Arbeit nach Hause kam und die Kinder ihn nicht einmal begrüßen durften. Er hat schon beim bloßen „Hallo Papa“, alles abgelehnt. Er sei müde und brauche seine Ruhe. Er setzte sich mit einem Bier an den Computer und das war es dann, bis die Kinder ins Bett gingen. War er alkoholisiert, wurde er auch oft handgreiflich – vor allem unserem Sohn gegenüber. Unsere Tochter hat viel mitbekommen, aber sie wurde nie so hart gestraft, wie ihr Bruder.

Ich habe in den zwölf Jahren, die ich mit ihm zusammen war, immer gedacht und gehofft, dass er sich ändern wird. Obwohl es natürlich auch schöne Tage gab, hat sich im Großen und Ganzen aber nie etwas gebessert. Es war vielleicht ein, zwei Monate in Ordnung – doch dann wieder ein Rückschlag. Ich habe die Hoffnung irgendwann aufgegeben, doch die Kraft wegzugehen, meine Kinder zu nehmen und ihn einfach zu verlassen, hatte ich damals noch nicht. Ich war einmal für einen Monat bei meiner Mama. Da kamen dann Nachrichten, es werde alles gut, ich solle nach Hause kommen, er werde sich bessern. Weil ich naiv war und das glauben wollte, bin ich zurückgekehrt. Und wieder ein Rückschlag und keine Änderung. So lief es also 12 Jahre dahin.

 

Zwischendurch habe ich sogar meine Kinder um ihre Meinung gebeten und sie gefragt, was sie dazu meinen, vom Papa wegzuziehen. Für meinen Sohn wäre das in Ordnung gewesen, aber meine Tochter wollte auf keinen Fall, da ihr Papa wie ein Gott für sie war.

Und wieder blieb ich. 

 

- Was war der Auslöser für die Trennung?

Ich glaube, ich hätte ihn nie verlassen, wenn es nicht zu dem Tag gekommen wäre, an dem ich endgültig die Aggression in seinen Augen sah.

 

Die Kinder haben im Schlafzimmer gespielt und unser Sohn hat seinem Vater anscheinend den Finger gezeigt. Daraufhin ist dieser ausgerastet, hat den Buben an der Kehle gepackt und versucht, ihn in einen Schrank zu sperren. Als ich in dieser Situation hinzukam, beruhigte ich erst einmal die Kinder und richtete dann drohende Worte an meinen Expartner.

Daraufhin ging er zunächst einmal weg. Als er danach wieder nach Hause kam, wollte er sich ein Bier aus dem Kühlschrank holen. Dabei fiel etwas aus dem Kühlschrank heraus und als ich das in Ordnung bringen wollte, ohrfeigte er mich. Als ich diese Aggression in seinen Augen sah, da war der Punkt erreicht, an dem ich erkannt habe: Jetzt geht es überhaupt nicht mehr und ich möchte und muss weg von diesem Mann! Bereits am nächsten Tag habe ich nach Möglichkeiten gesucht, um mit den Kindern wegzugehen. Und ich habe es geschafft! Mit viel Hilfe habe ich es geschafft, eine Wohnung zu finden, mir die Kinder zu schnappen und ihn endgültig zu verlassen. Ich habe einfach neu angefangen – ohne irgendwelche Hilfs- oder finanziellen Mittel.

 

- Wie ging es weiter? Welche Probleme tauchten auf?

Doch einfach war das alles nicht. Jetzt bin ich seit zweieinhalb Jahren ohne meinen Expartner und vieles ist inzwischen passiert. Vieles, das nicht einfach war und nie einfach sein wird. Denn das Weggehen war erst der erste von vielen Schritten. Wir nahmen uns also eine eigene Wohnung und starteten neu, doch der Schaden war angerichtet. Mir wurde alles zu viel und den Kindern auch. Ich weinte viel, war wütend auf mich, weil ich zu lange gezögert hatte, denn hätte ich ihn früher verlassen, wäre es nicht so eine große Veränderung gewesen. So viele Tage bin ich allein in der Küche gesessen und habe überlegt, wie es weitergehen soll, denn besonders für die Kinder muss es ja weitergehen. So viele Tage habe ich überlegt, wozu das alles gut sein sollte. Tage, in denen ich über meine Kinder und mich als Mutter nachdachte. Ich habe ihnen in den gemeinsamen Jahren mit ihrem Vater, keine schönen Sachen beigebracht. Natürlich wollte ich alles regeln, alles in Ordnung halten, alles schön machen und ihnen Wärme geben. Aber das war nur eine Idee in meinem Kopf. Heute merkt man sehr, dass es Auswirkungen hatte. Beide Kinder brauchten psychologische Hilfe. Meine Tochter weinte tagtäglich und fragte nach ihrem Papa. Sie wollte so gern, dass wir wieder zurück zu ihm gehen.

Es kam hinzu, dass mein Expartner die Kinder alle zwei Wochen von Freitag bis Sonntag haben wollte. Nachdem die Kinder zuerst nicht wollten, sind sie schließlich doch hingegangen und kamen danach mit unterschiedlichen Gedanken zurück. Sie konnten ja nicht verstehen, was da passiert und warum das jetzt so ist. Bis ein Kind so etwas versteht, ist es ein langer Prozess. Es wurde immer schlimmer und ich musste das Jugendamt um Hilfe bitten. Sie nahmen beide Kinder – bis auf weiteres – getrennt voneinander in Gewahrsam. Der Kindsvater und ich können beide die Kinder sehen. Wie ich mittlerweile erfahren habe, gibt es auch bei meinem Expartner eine Vorgeschichte, die er nie erwähnt hat. Er hat sie wohl eher auf die Kinder projiziert. Aber das entschuldigt nicht sein Desinteresse, das nach wie vor besteht. Beide Kinder brauchen psychologische Hilfe, die mein Expartner ablehnt, weil es ihn einfach nicht interessiert.

Zumindest bei unserer Tochter zeigte er ein wenig Interesse, als er sie einmal eine Stunde, mit Begleitperson, besuchte. Für mich galt bei meiner Tochter ebenso diese Regelung. Meinen Sohn kann ich zweimal pro Woche eine Stunde – mit Begleitperson – besuchen. In dieser Zeit muss ich aber gut aufpassen, was genau ich meine Kinder frage. Wie auch immer. Es geht mir sehr schlecht mit der Situation. Aber ich weiß, dass ich alles Mögliche in die Wege geleitet habe, damit die Kinder wieder nach Hause kommen und ich weiß, dass sie bald wieder nach Hause kommen! Wenn es so weit ist, werde ich das alleinige Sorgerecht beantragen. Das hätte ich schon damals machen sollen, glaubte ja aber immer an eine positive Wendung. Ich glaubte auch, dass ich es allein niemals schaffen kann. Doch das stimmt nicht. Jede Mutter hat die nötige Kraft, um zu gehen. Je früher, desto besser ist das für die Kinder. Angst, Geld, materielle Dinge und die Frage: „Kann ich es schaffen?“, sind ausschlaggebend dafür, dass wir es wagen, zu gehen.

- Was rätst du Frauen, die sich in einer änlichen Situation befinden? 

 

Die Angst von uns Müttern ist das Schlimmste, was es gibt. Angst davor, ob wir es schaffen. Angst, vor Drohungen: „Ich nehme dir deine Kinder weg!“ Diese Angst muss überwunden werden. Man muss sich klarmachen, dass diese Drohungen vom verletzten Ego herführen und nur der Einschüchterung dienen. Weiters spielen das Finanzielle und der materielle Besitz eine sehr, sehr große Rolle. Schaffen wir das? Mütter denken sich, sie brauchen den Partner als Unterstützung. Doch wenn man ein Jahr oder 12 oder 30 Jahre ohne einen Partner lebt, der sich kümmert, dann ist das sowieso keine Beziehung. Jedes Kind wird von seiner Mutter geliebt, doch wenn der Vater da nicht mitzieht, dann ist es eigentlich umsonst.

Ich weiß, dass es schwer ist, an den Punkt zu kommen, wegzuziehen, alles hinter sich zu lassen. Aber kein Kind hat es jemals verdient, im Eck zu stehen. Kein Kind hat es verdient, nicht geliebt zu werden.

 

Alles ist machbar, wenn ein Mensch die nötige Kraft findet.

 

Bis dahin dauert es. Bei mir waren es 12 Jahre, aber letztendlich war es das Beste, was ich jemals gemacht habe. Auch wenn die Situation mit meinen Kindern nicht leicht ist, bin ich glücklich, dass ich sie bald zurückbekomme und ich bin froh, dass ich mit diesem Menschen nicht mehr zusammen bin.

 

Man muss sich nur trauen, um Hilfe zu bitten.

 

Es gibt unterschiedliche Institutionen und Menschen, die einem in Not unterstützen. Man findet sie zum Beispiel im Internet, kann schreiben oder anrufen, kann sagen: „Ich kann einfach nicht mehr weiter“ und „Wie soll ich es angehen?“ Ich weiß, viele Menschen mögen das Jugendamt aus bestimmten Gründen nicht konsultieren. Natürlich ist es anfangs unangenehm, wenn jemand in deine Wohnung kommt und du nicht genau weißt, was du sagen oder tun kannst. Du möchtest auch ein gutes Bild als Mutter von dir abgeben.

 

Aber als ich in diese Situation kam, habe ich den Schritt gemacht und das Jugendamt verständigt, dass das alles zu viel für mich ist. Daraufhin habe ich Hilfe bekommen. Es reicht oft wirklich nur eine E-Mail zu schreiben, dass man Hilfe sucht. Zum Beispiel gibt es Frauenhäuser und ich habe auch überlegt dorthin zu gehen. Doch zum Glück bekam ich schon nach zwei Monaten meine eigene Wohnung. Ich hatte mich damals einer Person anvertraut und die sagte mir, was genau ich tun müsse und dann bekam ich auch ganz schnell meine eigene Wohnung. Österreich ist ein soziales, sehr soziales Land, wo genug Unterstützung für jede Mutter geboten wird.

 

Man muss sich einfach nur trauen und den Punkt erwischen, bevor es noch schlimmer wird.

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